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Zu viel Kultur ist auch nicht gut

02 Nov

„Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen“, sagte ja schon Matthias Claudius vor 200 Jahren. Fremde Länder, fremde Städte, fremde Völker – fantastisch!

Manche vertragen das Reisen aber auch nicht ganz so gut. Ich meine nicht die bedauernswerten Reisekranken oder die armen Opfer von Montezumas Rache. Nein, es gibt auch mentale Unverträglichkeiten, besonders heftige Ausprägungen des Kulturschocks. Beispiele gefällig?

  • Das Paris-Syndrom wurde erstmals 1991 vom japanischen Psychiater Hiroaki Ota beschrieben und befällt vornehmlich japanische Touristen in – genau – Paris. Es äußert sich durch psychische Symptome wie Wahnzustände, Halluzinationen, Derealisation und Depersonalisation, aber auch durch körperliche Anzeichen wie Schwindel, Herzrasen und starkes Schwitzen. Folgende Faktoren gelten als Ursache: 1. Sprachbarriere (ha! Fremdsprachenkenntnisse erhalten die geistige Gesundheit, sag ich doch), 2. kulturelle Unterschiede, 3. Unvereinbarkeit des idealisierten Paris-Bildes der Japaner mit der Wirklichkeit und 4. Erschöpfung. In leichten Fällen hilft Bettruhe und viel trinken, in schweren Fällen nur noch die Heimreise.
  • Das Stendhal-Syndrom ist nach dem französischen Schriftsteller Stendhal benannt, der bei seiner Reise nach Florenz in geradezu wahnhafte Verzückung geriet. Es befällt kunstbegeisterte Touristen jeder Nationalität und zeigt sich in ähnlichen Symptomen wie das Paris-Syndrom. Erstmals beschrieben 1979 von der italienischen Psychologin Graziella Magherini.
  • Das Jerusalem-Syndrom macht auch hierzulande regelmäßig Schlagzeilen, wenn zu hohen Feiertagen gläubige Christen und Juden aus aller Welt die historische Stadt besuchen. Einige beeindruckt ihr Aufenthalt so sehr, dass sie sich mit einer biblischen Figur identifizieren, sich in Bettlaken hüllen und auf der Straße zu predigen beginnen. Der israelische Arzt Yair Bar El beschrieb diese psychische Störung erstmals Anfang der 1980er-Jahre.
  • Zu erwähnen wäre auch noch das Venedig-Syndrom. Die Stadt im Wasser zieht nämlich offenbar Selbstmörder an wie die Fliegen, wie die Psychologin Diana Stainer 2000 in einer Studie belegte. Zumindest in keiner anderen italienischen Stadt nehmen sich so viele Touristen das Leben, geplant oder auch spontan.

Gute Reise!

(298 Wörter)

 
3 Kommentare

Verfasst von - 2. November 2012 in Alltag, Medizin

 

3 Antworten zu “Zu viel Kultur ist auch nicht gut

  1. anglogermantranslations

    2. November 2012 at 16:34

    Und was hat das jezt mit einem „Zuviel“ an Kultur zu tun? Den Zusammenhang sehe ich auf Anhieb nicht. Geht es nicht eher darum, auf Reisen die eigenen Vorurteile bestätigt oder entkräftet zu sehen? (Dafür kann die arme Kultur aber doch nichts …)

     
    • frenja

      2. November 2012 at 19:04

      Na, zumindest die ersten beiden Störungen haben ihre Ursache zum Teil in einem „Zuviel“ an Kultur, der Reisende ist so überwältigt von den Eindrücken, dass die Begeisterung in Wahn umschlägt. Nicht deutlich geworden?

       
      • anglogermantranslations

        2. November 2012 at 19:06

        Tja, für mich nicht nachvollziehbar. 🙂 Ist doch wahnsinng schön, das alles.

         

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