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Archiv der Kategorie: Unternehmerinnenalltag

Optimalst

Erst mal: Tut mir leid wegen der Überschrift. Ich weiß, das tut weh. Und nein, es geht diesmal gar nicht um Sprachsünden, sondern um einen zeitgeistigen Modetrend, dem ich immer wieder selbst anheimfalle: den Optimierungswahn.

Wann hat das eigentlich angefangen, dass wir in allen Bereichen stets nach Perfektion zu streben haben? Ich gebe zu, ich bin selbst eine Perfektionistin, wie viele meiner KollegInnen auch. In gewisser Hinsicht ist das beim Übersetzen auch nicht nur hilfreich, sondern sogar notwendig – beim Einhalten von Rechtschreib- und Grammatikregeln kann man nun mal nicht fünfe gerade sein lassen, das stimmt entweder oder es stimmt nicht. An anderen Stellen behindert zu viel Perfektionismus aber auch, hemmt die Kreativität, bremst aus (Stichwort Pareto-Prinzip). Wie lange habe ich für die Erkenntnis gebraucht, dass „gut genug“ manchmal (jedenfalls öfter, als ich denke) eben doch reicht!

Die übersetzende Zunft optimiert ausgesprochen gern. Arbeitsabläufe und Gedächtnisleistung mit CAT-Tools, die Produktivität mit Spracherkennungssoftware – höher, schneller, weiter ist die Devise. Nicht, dass ich das grundsätzlich schlecht fände. Wenn mir Tools die Arbeit erleichtern, dann bitte her damit! Mich beschleicht nur manchmal der Verdacht, dass wir uns damit nach und nach immer mehr vom Wesenskern des Übersetzens wegbewegen: der Kreativität. Der heilige Gral sind möglichst viele übersetzte Wörter pro Stunde – um mehr zu verdienen oder schneller dem Schreibtisch entfliehen zu können, je nach persönlicher Disposition.

Ich nehme mich da gar nicht aus. Aber tun wir uns damit wirklich einen Gefallen? Den Texten? Übersetzungen profitieren davon, wenn man ihnen Raum zum Atmen gibt, sich die Zeit nimmt, den texteigenen Rhythmus zu finden. Kreativität braucht Zeit, wie in diesem Video so wunderbar demonstriert wird:


Sicher, manche Texte flutschen nur so, das sind dann echte Glücksmomente. Glücklich macht aber auch eine richtig gelungene Übersetzung, und manchmal geht das eben nur mit bewusster Entschleunigung. Mit De-Optimierung.

(299 Wörter)

 

„Davon kann man doch sowieso nicht leben!“

Dass man vom Literaturübersetzen nicht leben kann, ist eine weit verbreitete vermeintliche Binsenwahrheit, die nicht zuletzt von den LiteraturübersetzerInnen selbst gern unermüdlich ins Feld geführt wird. Hartnäckig hält sich das Arme-Künstler-Klischee vom Übersetzer, der tagsüber einem unerfreulichen Brotjob nachgehen muss, um sich nach Dienstschluss endlich seiner wahren Leidenschaft hingeben zu können: den Büchern. Wie tragisch-romantisch!

Moment.

Ich übersetze jetzt seit 16 Jahren Bücher und lebe eigentlich ganz gut davon. Mehr noch, ich ernähre seit vielen Jahren eine ganze Familie mit dem Übersetzen. Mache ich was falsch?

Gut, ich bin nicht die klassische Literaturübersetzerin. Ich übersetze vor allem Sachbücher, nur sehr gelegentlich bisher etwas Kinderliteratur. Und stimmt, ich übersetze natürlich auch noch Fachtexte, die ganz anders bezahlt werden. Es steht auch außer Frage, dass Literaturübersetzungen immer noch nicht annähernd angemessen bezahlt werden für die Arbeit, das Wissen, das Können, das wir hineinstecken müssen.

Trotzdem. Kurz nachgerechnet: Ich habe 2015 gut 61 % meines Umsatzes mit Buchübersetzungen gemacht. Zugegeben, mein Stundenlohn lag bei den Fachübersetzungen recht deutlich höher, um fast ein Drittel. Dennoch komme ich auch mit den Buchübersetzungen auf einen durchaus respektablen Stundenlohn von fast 65 Euro. Das ist zwar nicht ausgesprochen fürstlich, aber doch deutlich mehr, als viele Agenturen einer Übersetzerin als Stundensatz zu zahlen bereit wären.

Ich gebe zu, dieser Beitrag ist ein bisschen polemisch. Natürlich kommt es auch darauf an, ob man Hochliteratur übersetzt oder Groschenhefte, Kochbücher oder philosophische Werke. Nach meiner Einschätzung gibt es aber weite Bereiche in der Literatur, in denen sich die übersetzende Zunft durchaus existenzsichernd tummeln kann.

Ich mache mir ein wenig Sorgen, dass die Pauschalaussage in der Überschrift mehr und mehr zur selbsterfüllenen Prophezeiung wird, je öfter wir sie wiederholen. Dass sie uns den Mut nimmt, für die angemessen Bezahlung einzutreten, die uns zusteht. Man kann vom Literaturübersetzen durchaus leben, aber es könnte und müsste noch besser sein!

(300 Wörter)

 
 

Mengenrabatt? Ich weiß was Besseres.

Im diesjährigen Sommerurlaub plauderte ich mit dem Onkel des Liebsten über „‘s G‘schäft“. Er hat beruflich und privat viel mit Autos zu tun, kommt also aus einer ganz anderen Ecke als ich, ist aber immer sehr interessiert daran, wie ich das alles so mache als Ganz-allein-Unternehmerin. Irgendwann im Laufe des Gesprächs fragte er: „Sag mal, nimmst du eigentlich einen Kleinmengenzuschlag für so ganz kleine Aufträge?“

Hm, vielleicht könnte man meine Mindestpauschale als eine Art Kleinmengenzuschlag interpretieren, sagte ich. Allerdings deckt der nicht viel mehr ab als 200 Wörter. Alles zwischen 200 und so etwa 3.000 Wörtern fällt unterschiedslos in die Kategorie „Kleinvieh“, von dem immer mal wieder was reinkommt, das sich aber wegen des unproportional großen Verwaltungsaufwands nicht wirklich rechnet. Als ich ihm sagte, dass stattdessen viele Agenturen bei großen Aufträgen einen Mengenrabatt fordern, musste er lachen. Er verstand sofort, dass Übersetzer eben keine Maschinen sind, die bei höherer Stückzahl billiger produzieren (und da frage ich mich doch, warum das für einen Branchenfremden vollkommen logisch ist, während man diesen Umstand gewissen Agenturen einfach nicht begreiflich machen kann).

Einige KollegInnen sind trotzdem bereit, größere Arbeitsvolumina für einen geringeren Wort- oder Zeilenpreis anzunehmen. Ich bin dafür, den Trend umzukehren: Verlangen wir doch für jeden Auftrag, der uns weniger als einen Arbeitstag lang beschäftigt, einen Kleinmengenzuschlag! In anderen Branchen ist das schließlich auch gang und gäbe. Ach, Wörter sind aber was ganz anderes als Schrauben, meinen Sie, lieber Kunde? Richtig, darum gibt es sie ja auch nicht im Dutzend billiger. Beweisführung abgeschlossen.

(246 Wörter)

 

Sommer im Büro

Im letzten Posting hatte ich ja das Hohelied des Sommerbüros angestimmt – wunderbar für alle, die in Arbeit ertrinken, aber trotzdem nicht auf ihre wohlverdiente Pause verzichten möchten. Aber was macht man im umgekehrten Fall? Wenn das erste Halbjahr so mau lief, dass man sich keinen Urlaub leisten kann? Wenn man kein größeres Projekt am Wickel hat, mit dem man in Arbeitsklausur gehen kann?

Wie schon gesagt, es ist keine gute Idee, das Tagesgeschäft einfach woanders weiterzuführen. Die fehlende gewohnte Infrastruktur mit schneller Internetverbindung, Telefon ohne Roaminggebühren und ergonomischem Arbeitsplatz sorgen schnell für noch mehr Stress, und das ist ja nicht der Sinn der Sache. Trotzdem gibt es Alternativen zu der tristen Aussicht, den Sommer einfach durchzuarbeiten, während die Kolleginnen sich am Strand aalen, denn eine Pause braucht jeder, um mal den Kopf freizubekommen. Hier ein paar Vorschläge:

  • Kurzreisen: Ein verlängertes Wochenende am Meer oder in den Bergen kann einen richtigen Urlaub zwar nicht ersetzen, lädt aber die Batterien wieder auf. Jeder Tapetenwechsel macht den Kopf frei!
  • Kundenbesuch: Vielleicht gibt es ja eine Stadt oder Region, in der mehrere Kunden ansässig sind? Eine ruhige Sommerwoche lässt sich hervorragend nutzen, um mal persönlich vorbeizuschauen. Der Nasenfaktor ist nicht zu unterschätzen – man tut also etwas für die Kundenbindung und verbindet das Nützliche noch mit einer schönen Städtereise. Bonus: Die Reisekosten lassen sich als Geschäftsausgaben verbuchen, und vielleicht wohnen ja sogar Verwandte oder Freunde in der Nähe?
  • Fortbildung: Nicht nur Kundenbesuche, sondern auch Messen, Symposien und andere Branchenveranstaltungen lassen sich gut mit einer Kurzreise verbinden. Auch hier der Vorteil: als Geschäftskosten absetzbar.
  • Stammtische: In vielen Städten gibt es regelmäßige Übersetzerstammtische. Endlich genug Zeit, sich da mal blicken zu lassen und zu netzwerken, was das Zeug hält!

Kein Grund also, den Kopf hängen zu lassen, wenn es mal nichts wird mit dem Urlaub!

(300 Wörter)

 

Outsourcing

Neulich bekam ich eine Werbemail von einer lettischen Übersetzungsagentur. (Andere Übersetzer und auch Agenturen bewerben sich oft bei mir, gern auch mit exotischen Sprachenkombinationen wie Arabisch-Englisch. Vielleicht sollte ich den Hinweis „Alle Sprachen, alle Fachgebiete“ mal von meiner Homepage nehmen.) Diese Mail war sogar angenehm professionell gehalten, man hatte mir außerdem eine Preisliste und ein Dokument mit drei Fallstudien über von dieser Agentur bearbeitete Projekte angehängt.

Bei den Preisen keine große Überraschung, mit 0,08 € (osteuropäische Sprachen) bis 0,12 € (skandinavische Sprachen) für lettische Verhältnisse wahrscheinlich sogar eher gut. Wirklich umgehauen hat mich bei allen drei vorgestellten Projekten jeweils der Kunde: 1. „mittelständischer Sprachdienstleister in Italien“, 2. „eine der größten Übersetzungsagenturen in Europa“, 3. „renommierte Übersetzungsagentur aus den Niederlanden“.

Bearbeitet wurden die Sprachkombinationen IT>CZ/PL, EN>EE und EN<>DE, nicht in einem Fall hatte also Lettisch etwas mit der Wahl dieses Dienstleisters zu tun. Vielleicht bin ich ja total naiv, aber ist es wirklich ganz normal, dass eine Übersetzungsagentur einen großen, vermutlich lukrativen Auftrag an Land zieht und statt sich selbst die Mühe zu machen, geeignete Übersetzer zu finden und einen entsprechenden Workflow zu entwickeln und umzusetzen (Datenaufbereitung, Terminologiemanagement, Proofreading, Formatierung), das komplette Projekt an eine weitere Übersetzungsagentur ausgliedert und die einfach die ganze Arbeit machen lässt? Wenn es da um Sprachen ginge, für die sie nur selbst keine Stammübersetzer haben – na gut, aber Englisch/Deutsch? Wenn das nicht Umtüten ist, dann weiß ich auch nicht.

Ein interessanter Einblick in den europäischen Übersetzungsmarkt. Wie viel für den Übersetzer übrigbleibt, wenn noch zwei Agenturen an dem Projekt verdienen möchten, kann man sich vorstellen. Interessieren würde mich auch, wo sie zu diesen Preisen die vielen (wegen enger Deadlines) hochqualifizierten (wegen der anspruchsvollen Terminologie) Übersetzer herbekommen. Ich kenne jedenfalls keine KollegInnen, die zu diesen Bedingungen z. B. medizinische Texte übersetzen würden.

(292 Wörter)

 

Immer schön strategisch denken

Eben las ich schon wieder einen Artikel darüber, wie man als Unternehmen richtig twittert. Man brauche eine „Twitter-Strategie“, lese ich oft, wahlweise auch eine „Facebook-Strategie“, um seine Marke zu positionieren, Bindung zu den potenziellen Kunden aufzubauen, gar eine „Community“ aufzubauen auf seiner Facebook-Business-Seite.

Ich will dazu mal eine provokante These in den Raum stellen: Wem man Twitter oder Facebook erst umständlich erklären muss, für den ist das wahrscheinlich nicht der richtige Kanal.

Ich selbst bin ja leidenschaftliche Twitter– und Facebook-Nutzerin. Ich nutze beides sowohl privat als auch beruflich, teilweise unter verschiedenen Accounts, manchmal gibt es auch Überschneidungen. Was ich aber nicht getan habe: mir vorher eine Strategie zurechtgelegt, wie ich „richtig“ twittere oder facebooke.

Mir kommen beim Thema „Mitmischen im Social Web“ immer zwei Dinge in den Kopf: Seilspringen und Fliegenlernen.

Erinnert ihr euch noch an das Gruppenspringen auf dem Spielplatz/Schulhof, wo zwei Schwinger ein langes Seil schwangen und in der Mitte mehrere Springer gleichzeitig hüpften? Wenn man sich einklinken wollte, stellte man sich erst mal daneben und nahm den Rhythmus des Seils in sich auf, sprang sozusagen im Kopf mit, bevor man sich zu den anderen in der Mitte gesellte. Das wäre die einzige Social-Media-Strategie, die ich empfehlen würde: Erst mal gucken, wie es die anderen machen, und irgendwann einfach „mitspringen“.

Was das Fliegenlernen angeht, das wird bei Douglas Adams schön beschrieben: Man muss sich dafür zu Boden fallen lassen, diesen aber verfehlen. Man muss also danebenfallen. Soll heißen: Erfolgreich im Social Web mitmischen kann man paradoxerweise eigentlich nur, wenn man es nicht darauf anlegt. Man riecht sie nämlich, diese Strategie-Befolger, und sie sind vor allem eins: langweilig und unauthentisch. Ich folge Menschen, keinen Marken, ich möchte auch mal Persönliches lesen und nicht nutzeroptimiertes Marketing-Blabla. Auch auf Facebook-Business-Seiten.

Und ihr so?

(293 Wörter)

 
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Verfasst von - 22. Mai 2012 in Marketing, Unternehmerinnenalltag

 

„Das brauchst du gar nicht erst zu versuchen“

Mit dem Marketing ist das ja so eine Sache. Die meisten Freiberufler sehen darin eher ein notwendiges Übel, machen halbherzig etwas, von dem „alle“ sagen, dass es am meisten bringt, oder drücken sich gleich ganz davor.

Zugegeben, mir ging es lange auch so. Mein Marketing beschränkte sich mehr oder weniger auf Einträge auf verschiedenen Übersetzer-Portalen und Bewerbungen auf dort ausgeschriebene Aufträge. Eine ganze Weile reichte das auch, aber wenn man an richtig gut bezahlte und/oder interessante Jobs kommen möchte, muss man sich eben doch mehr reinhängen.

Zumindest auf dem Buchsektor hatte ich dabei jetzt schon zum dritten Mal Erfolg mit Strategien, von denen häufig aus durchaus berufenem Munde eher abgeraten wird, weil es „keinen Sinn hätte“: Aus einer Akquiserunde auf der Frankfurter Buchmesse 2009 entstanden im Laufe des folgenden Jahres zwei Aufträge (und mehrere Folgeaufträge), auf die Blindbewerbung mit Arbeitsproben bei verschiedenen Kinderbuchverlagen meldete sich u. a. ein Verlag gleich mit einem Projekt (und dann Folgeprojekt), auf acht Blindbewerbungen bei Naturbuchverlagen bekam ich innerhalb kürzester Zeit vier positive Rückmeldungen inklusive eines kleinen Projekts.

Glück gehabt? Sicher auch. Ganz bestimmt sind die rund 60 Titel, die ich schon übersetzt habe, auch eine gute Referenz. Aber vor allem habe ich festgestellt: Funktionieren tut das, was authentisch ist. Ich habe vorher viel Mühe darauf verwendet, die richtigen Ansprechpartner zu finden, habe keine 08/15-Massenbewerbung verschickt, sondern persönliche Anschreiben, und offenbar konnte ich gut vermitteln, dass ich richtig, richtig gern für sie arbeiten würde.

Ich kenne auch einen Kollegen, der gern Kaltakquise macht (ja! Gibt es!) und damit Erfolg hat. Wichtig ist, dass man dahintersteht, dass einem die gewählte Form des Marketings nicht eigentlich peinlich ist, denn das überträgt sich. Mein Tipp: Findet etwas, das zu euch passt, und lasst euch nicht einreden, das brauche man gar nicht erst zu versuchen. Vielleicht ist gerade das perfekt für euch.

(300 Wörter)

 

Dienstleister

„Wissen Sie, wir verstehen uns eben als Dienstleister“, schrieb mir neulich eine Kundin, die Inhaberin einer kleinen Übersetzungsagentur. Ich hatte einen Miniauftrag im Wert von gnadenlosen 30 Euro für sie erledigt, bei dem es anschließend noch Änderungen („ach, die Rückseite war gar nicht aktuell, hier ist die richtige“) und Sonderwünsche („bitte in einem A4-Kuvert mit steifem Rücken schicken, sonst knickt es so“) gab. Unser aller Lieblingsaufträge, fummelig und unrentabel. Natürlich erfüllte ich letztendlich alle Wünsche, schlug aber im Gegenzug vor, ihre Endkundin könne solche Miniaufträge ja sammeln und mir einmal im Monat mehrere schicken statt einzeln im Abstand von einigen Tagen, um den Verwaltungsaufwand auf beiden Seiten möglichst gering zu halten. Daraufhin kam die eingangs zitierte Äußerung – sie wollte damit sagen, dass sie es aufgegeben haben, mit Kunden über mögliche und unmögliche Forderungen zu diskutieren, sondern nur noch lächeln, nicken und es irgendwie erledigen.

Ist tatsächlich das und nichts anderes wahre Dienstleistung? Auch ich verstehe mich schließlich als Dienstleisterin, deren oberste Priorität darin liegt, ihre Kunden zufriedenzustellen. Trotzdem gibt es für mich Grenzen. Ich füge mich gern in übergeordnete Arbeitsabläufe ein, wenn ich sie vorher kenne, aber ich lege nicht grundsätzlich Sonderschichten ein, um schlechte Planung oder Versäumnisse des Kunden auszugleichen. Natürlich helfe ich auch mal aus, wenn es brennt, dann aber gegen einen entsprechenden Zuschlag. Für meine Lieblingskunden reiße ich mir auch gern mal das eine oder andere Bein aus, aber sie sind gerade deswegen meine Lieblingskunden, weil sie es auch honorieren. Ich bin absolut für Kundenservice, aber deswegen degradiere ich mich nicht selbst zur Befehlsempfängerin.

Die Sache mit den steifen Kuverts, die ja das dreifache Porto kosten, habe ich übrigens folgendermaßen gelöst: Ich verschicke alle beglaubigten Übersetzungen ab jetzt in solchen Kuverts und erhöhe dafür etwas die Pauschalpreise, um die Mehrkosten aufzufangen. Win-win!

(295 Wörter)

 
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Verfasst von - 19. Januar 2012 in Unternehmerinnenalltag

 

Lecker alleine reicht nicht.

Wie schon mehrfach erwähnt, war ich vor kurzem auf einem Fortbildungsseminar in Heidelberg. Abends trafen wir uns in geselliger Runde zum Abendessen in einem sehr hübschen Restaurant. Etwas schwer zu finden, aber gemütlich und mit Extraraum nur für uns. So weit, so gut.

Man hatte eine spezielle, reduzierte Karte für uns ausgelegt – verständlich bei rund 30 Personen. Das Problem war, dass wir trotzdem geschlagene anderthalb Stunden und mehr auf unser Essen warten mussten. Als es dann kam, war es zwar wirklich lecker, aber trotzdem verließen wir das Lokal insgesamt recht ungehalten, weil der Abend einfach nicht zufriedenstellend verlaufen war. Es gab auch keine wie immer geartete Entschädigung für die lange Wartezeit, obwohl mehrere Kolleginnen das explizit vorschlugen. Der Chef war nämlich schon gegangen.

Ich weiß nicht, wie es der geneigten Leserschaft geht, aber mir fallen da sofort gewisse Parallelen zum Freiberuflertum auf oder, konkreter, zum Dasein als „Sprachdienstleister/in“, wie es neudeutsch so schön heißt.

  • Schwer zu finden sollte man am besten nicht sein, sonst bleibt man ein Geheimtipp und muss sich auf Mundpropaganda verlassen. Das funktioniert aber nur, wenn auch ein triftiger Grund besteht, so eine Empfehlung abzugeben.
  • Die nackte Leistung (hier das Essen, in meinem Fall die Übersetzung) ist nicht alles, worauf es ankommt. Wie gesagt, das Essen war toll, aber ich würde das Restaurant trotzdem nicht weiterempfehlen. Ab und zu sollte man sich also fragen, ob das Drumherum auch stimmt und den Kunden glücklich macht. Wie kommuniziere ich mit meinen Kunden? Halte ich Lieferzeiten ein oder liefere gelegentlich sogar früher? Wie löse ich auftretende Probleme – proaktiv oder eher durch Aussitzen? Kurzum: Fühlt der Kunde sich gut aufgehoben und versorgt?

Es heißt, dass die erfolgreichsten Freiberufler gar nicht immer die Besten ihres Fachs sind, sondern die mit dem besten Service. Ich kann mir gut vorstellen, dass das stimmt.

(299 Wörter)

 
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Verfasst von - 22. Dezember 2011 in Unternehmerinnenalltag

 

Der Spaßfaktor

Als ich noch häufiger Filme und Serien übersetzte (was heute leider nur noch selten vorkommt, da die Synchronstudios heute offenbar nicht nur nicht mehr zahlen wollen als vor 10 Jahren, sondern sogar noch weniger), bekam ich von Kolleginnen häufig ein neidvolles „Oooh“ zu hören, wenn ich das erwähnte. „Wird leider nicht besonders gut bezahlt“, fügte ich dann meist tröstend hinzu. „Ja, aber dafür macht es doch sicher total viel Spaß!“, rief dann die neidische Kollegin oft.

Klar, das stimmte schon, es machte sogar saumäßig viel Spaß, sonst hätte ich es ja auch nicht getan. Dialoge übersetzen liegt mir, die Synchronregisseure waren immer sehr zufrieden mit meiner Arbeit. Damit tröstete ich mich auch immer selbst über die schlechten Honorare hinweg, ich sah den Spaß an der Arbeit sozusagen als ergänzendes Zahlungsmittel an.

Bis mich eine andere Kollegin mal auf die Absurdität dieser Argumentation aufmerksam machte. Es ist doch so: Wenn wir an einer Arbeit Spaß haben, dann erledigen wir sie auch besser, als wenn wir uns dabei langweilen. Wir stecken mehr Energie hinein, beschäftigen uns oft länger damit, als es nötig wäre, weil es doch eben so einen Spaß macht. Das sieht man den Ergebnissen dann auch an. Eigentlich müsste man uns also mehr zahlen statt weniger – entweder haben wir so viel Spaß dran, weil wir es einfach gut können, was eine bessere Bezahlung rechtfertigen würde, oder wir geben uns noch mehr Mühe, weil wir motivierter sind, was zu besseren Ergebnissen führt, die ebenfalls eine bessere Bezahlung rechtfertigen würden.

Hm. Ob sich ein Spaßzuschlag am Markt wohl durchsetzen könnte? Ich fürchte ja nicht. Aber zumindest ist der Spaßfaktor für mich kein Grund mehr, weniger Geld zu verlangen.

(276 Wörter)